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Anlässlich der Unterzeichnung von Verträgen über Netzsperren am vergangenen Freitag hat die Datenschutzorganisation FueBuD einen eigenen, unzensierten DNS-Server bereitgestellt.
Fünf Provider hatten sich vertraglich verpflichtet, die vom Bundesfamilienministerium angeregte Filterung von Inhalten umzusetzen. Dabei soll es ausschließlich darum gehen, den Zugang zu Webseiten mit kinderpornographischen Inhalten zu erschweren.
QuoteBeim FoeBuD (Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs) geht man allerdings davon aus, dass die Verfügbarkeit solcher Filtersysteme "wachsende Begehrlichkeiten" in anderen Bereichen nach sich ziehen könnten. "Denn auch wenn zunächst nur kinderpornographische Inhalte von der Sperre betroffen sein sollen, so gibt es doch keine Garantie dafür, dass die Zensurliste in Zukunft nicht ausgeweitet werden wird, z.B. auf Webseiten von politischen Organisationen, Gewerkschaften oder allzu kritischer Presse", so der Verband.
Dies gelte insbesondere, da die Sperrliste keiner demokratischen Kontrolle unterliegt. Allein das BKA entscheidet, was den Filter passieren darf. Die Einführung der Sperrlisten berge daher "Gefahren für die Meinungsfreiheit und Vielfalt des politischen Meinungsbildes des Internets", erklärte der FoeBuD.
Die Organisation merkt aber auch an: "Was als bahnbrechende Maßnahme öffentlichkeitswirksam propagiert wird, stellt sich bei näherer Betrachtung als populistische, symbolische Politik heraus." Selbst ohne weitergehende technische Kenntnisse lässt sich die Sperrung schließlich binnen Sekunden umgehen.
QuoteDisplay MoreBei den verfügbaren technischen Mitteln fiel die Wahl immerhin auf eine Blockade auf DNS-Ebene. Nur wer seine im Browser eingegebenen URLs von den DNS-Servern der mitwirkenden Provider in IP-Adressen übersetzen lässt, kann also in den Filtern hängen bleiben.
Der FoeBuD demonstrierte die Unwirksamkeit, indem er schlicht einen eigenen DNS-Server aufsetzte. Dieser ist unter der Adresse 85.214.73.63 erreichbar. Wird dieser DNS-Server in die Netzwerkeinstellungen des jeweiligen Betriebssystems eingetragen, ist der Filter bereits überwunden.
Alternativ stehen auch im Ausland zahlreiche andere freie DNS-Server zur Verfügung, die sich leicht per Suchmaschine finden lassen. Mit etwas besseren technischen Kenntnissen kann man sogar selbst ein solches System aufsetzen. Zur Umgehung der Blockade ist es also nicht einmal - wie anfangs oft vermutet - nötig, sich bei einem VPN- oder Proxy-Anbieter im Ausland anzumelden.
Obwohl die Filter leicht zu umgehen sind, verlangen Internet-Aktivisten weiterhin, dass diese gar nicht erst eingeführt werden. Immerhin besteht durchaus die Möglichkeit, zumindest kurzfristig einen großen Teil der Bevölkerung von aktuellen, kritischen Inhalten auszuschließen. Insbesondere in Zeiten der schwersten Weltwirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg könnte dies dem Staat gelegen kommen, falls sich die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen zuspitzen.
Hinsichtlich der Frage der Kinderpornographie im Internet merkte der FoeBuD an, dass dies zweifellos ein Problem sei, dem die Regierung mehr Aufmerksamkeit schenken sollte. Der Verband fordert daher "eine bessere finanzielle als auch personelle Ausstattung der zuständigen Polizeibehörden sowie eine Verbesserung der Betreuungs- und Therapieangebote sowohl für Täter als auch Opfer anstelle von wahlkampftaktischer Symbolpolitik".